Wallstein Holding GmbH & Co. KG

Unterhaltsames aus Wissenschaft und Technik - Ein Ozeanriese, der Erdgas auf hoher See aufs sechshundertfache verdichtet

Acht Milliarden Euro teures Raffinerie-Schiff soll ab 2017 vor der australischen Küste Flüssiggas erzeugen.


Der Energiekonzern Shell will das größte Schiff der Welt bauen. Es wird mehr als 600.000 Tonnen wiegen, hat eine Länge von mehr als vier Fußballfeldern und sein Rumpf wird soviel Wasser verdrängen wie sechs der größten Flugzeugträger. Bei diesem Ozeanriesen handelt es sich allerdings nicht um einen Supertanker, dessen Bauch mit Erdöl gefüllt ist, sondern um eine schwimmende Erdgasraffinerie, die Gas direkt auf hoher See verflüssigen soll.

Mehr als 600 Ingenieure waren an der Entwicklung des 488 Meter langen Stahl-Kolosses beteiligt, der 2017 als weltweit erste schwimmende Erdgasraffinerie vor der Küste Australiens vor Anker gehen soll. Dieses Super-Schiff hat das niederländisch-britische Unternehmen Shell bei den asiatischen Anbietern Technip und Samsung in Auftrag gegeben, um den wachsenden Energiehunger Indiens und Chinas bedienen zu können. 8,4 Milliarden Euro kostet das Prestigeobjekt und gebaut wird es auf einer südkoreanischen Werft. Bisher existiert es nur als Computersimulation. Solche Gas-Schiffe könnten Offshore-Gas-Pipelines in Zukunft überflüssig machen. Damit erreicht man Gasfelder auf hoher See, deren Erschließung zu teuer wäre, wenn zum Abtransport des in der Tiefe gewonnenen Rohstoffs eine Offshore-Pipeline gebaut werden müsste. In diesem Fall geht es um das Feld Prelude, 200 Kilometer vor der australischen Nordwestküste. Der Clou des Milliardenkahns: Die Bord-Raffinerie kann das geförderte Erdgas um das sechshundertfache verdichten, indem es auf minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt und verflüssigt wird. Dann wird dieses sogenannte Liquefied Natural Gas (LNG) direkt auf hoher See in Spezialtankschiffe verladen, um es am Bestimmungsort wieder in Erdgas umzuwandeln und in die regionalen Netze einzuspeisen. Zumindest auf hoher See könnten Bohrinseln und Pipelines also demnächst schwimmende Konkurrenz bekommen. Und ein Konzern wie Shell würde nicht so viel Geld in investieren, wenn man nicht von der Raffiniertheit dieser neuen Technologie überzeugt wäre.